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Daniel Depoutot (Strasbourg). come back (Rückkehr)

Kinetische Installationen und Zeichnungen

Daniel Depoutot (Strasbourg). come back (Rückkehr) ©Kunstsammlung Jena

Daniel Depoutots Installationen bestehen aus Figuren, Extremitäten, Gerätschaften, Maschinen, Elektrokabeln, aus Licht, Lauten und Geräuschen. Nichts ist nur das, als was es erscheint, alles ist in Bewegung, im Fluss – und zieht uns in einem letzten großen Tanze fort. Bislang unbelebten Objekten wurde Leben eingehaucht, so dass sie jetzt atmen, tanzen, lachen, weinen, lärmen. Mit augenzwinkernder Dämonie arbeitet Depoutot wie ein Dr. Frankenstein an seinem privaten Pandämonium und versucht all die Geister, die er rief, in einer großen Choreografie zu einen. Dabei bedient er sich formal der aus dem Hochmittelalter herrührenden Personifikation des Todes als Gerippe, befreit seine „Totentänze” jedoch vom Hoffnungsziel der Menschen früherer Zeiten, die sich in Folge der Pestepidemien der Allmacht des Todes zu widersetzen suchten. Die Skulpturen und Installationen von Daniel Depoutot haben vielmehr mit Ironie und Tiefsinn zu tun, mit Form- und Bewegungsspielen, mit Nonsens und Surrealismus, mit Tragik, Traum und Zauberei. Sie sind albern und ernst zugleich. Die besondere Qualität seines Œuvres erwächst aus der Sicherheit, mit der er Widersprüche, das Konstruktive und das Destruktive, in der Schwebe hält. Für seine Installationen verwendet Daniel Depoutot verschiedenste Materialien und Objekte, aus Fundstücken erwächst die eine oder andere Idee hinzu. Wir sehen allerlei Zivilisationsmüll: Plattenspieler, Radio, Waschmaschine, Fässer, Handfeger, Schuhe ... – Objets trouvés, die fern ihrer ursprünglichen Bestimmung Teil dieses Spektakels werden, dessen Fülle man erst durchschauen und sortieren muss, um die eigene Hilflosigkeit zu überwinden. Da gibt es eine Zunge aus einem Stück Filz, die unablässig aus der Mundöffnung fällt, und da ist eine Hand, aus weichem Holz geschnitzt, die plötzlich nach dem Betrachter greift. Seltsam ekstatische Wesen, Gerippe, durchrunden die Räume auf Schienen und hämmern uns auf ihren Trommeln wilde Stakkatos entgegen. Synkopen, Dreiviertel-Takt, Marschmusik, Unregelmäßigkeiten, fließend, stockend, anstößig und schön. Ob das für uns Sichtbare die Funktion und Bedeutung der Figuren genügend umreißt oder sich ihr Sinn wie in einem Netzwerk an ganz unerwarteter Stelle manifestiert, bleibt unklar und unwichtig. So beweglich die einzelnen Objekte sind, so flexibel ist oft auch ihr Standort, den der Künstler jedesmal neu in einer Choreografie definiert. Jedes Ding trägt seine eigene Bedeutung als eine Last – und in Depoutots Environments ist alles wie in einem Kosmos aus Vergänglichkeiten zusammengefasst und aufgehoben. Alles ist leibhaftig und gegenwärtig, gleich einem Traum, der die Zeitlichkeit missachtet und keine Sterblichkeit kennt. Die Rhythmen der laufenden Maschinen, angeschlagenen Becken und dröhnenden Gebläse schallen mal laut, mal leise aus der Ewigkeit herüber und verhallen als Echo. Hoch oben surrt ein Skelett, wie eine Elfe verschleiert, surrt es im Kreis herum und schlägt wiederholt das Sterbeglöckchen an. Das Gerippe ist schön in seiner Anstößigkeit, es hat sich vom Boden gelöst und in die Luft erhoben. Der Tod ist ein uraltes Motiv aller Kunst. Seit Menschen ihre Existenz reflektieren, nach Sinn oder Unsinn von Leben und Sterben fragen, gehört das Nachdenken über den Tod zum Selbstverständnis aller Kulturen und Religionen. Holbein, Dürer, die Vanitas-Motive des Barock, Sterbe- und Todesszenen in Bildern des deutschen Expressionismus sind der Kunst Depoutots ebenso beziehungsreich verwandt wie die „Maschinenkünstler” aus den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg, allen voran der 1925 in Basel geborene Jean Tinguely. Mit seinen tönenden Robotern und beweglichen Zeit-Automaten gehört dieser zu den Klassikern der „Maschinen-Kunst”. Wie Roberto E. Matta für die Malerei, erfand er für den Bereich der Plastik taumelnde, rauchende, schnaufende und stinkende Kunstwerke, die – weil so verspielt – etwas Obszönes an sich haben. Speziell für unsere Ausstellung wird Daniel Depoutot mit einem „Totentanz” auf etwas andere Art (auch) an das Treffen der französischen und preußischen Truppen zur Völkerschlacht bei Jena-Auerstädt vor 200 Jahren erinnern.

Katalog:

Daniel Depout. come back. Kinetische Skulpturen und Zeichnungen. Städtische Museen Jena 2006. 64 Seiten, Broschur mit zahlreichen Texten, Verzeichnissen.

ISBN 3-930128-72-1

Preis: 15,00 €
Plakat: 2,00 €

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