Fotografie
Wer einmal Bilder von Joel-Peter Witkin sah, vergisst sie nicht. Auf den Bildern des 1939 in Brooklyn geborenen Fotografen steht das Normale neben dem Andersartigen, das Heilige wechselt mit Profanem, der Schmerz durchpulst den Genuss und auch die Trennlinie zwischen Weiblichem und Männlichem ist kein Hindernis für Witkins Lust an der Überschreitung aller Tabus in jeder nur denkbaren Richtung. Da gehen Zwergswüchsige mit Gerippen und Toten um, Transsexuelle erläutern mit dem Vokabular ihrer Lust zugleich die Last an der Lust, eine Frau masturbiert mit dem Mond und auch der Tod geht munter umher oder er ist geschmückt als Stilleben der besonderen Art. Witkin packt das Leben direkt und ohne Rücksicht auf die natürliche Ordnung der Dinge nach eigenen Gesetzen neu. Die Hybris des Absonderlichen und Zwitterhaften ist dabei ebenso normal wie sie ohne Angst vor Berührung daherkommt und – eingelagert in den Bildervorrat abendländischer Kunstgeschichte von Botticelli bis Velásquez – in objektivere Vorstellungen übertragen. Goyas Desastres de la Guerra sind dabei ebenso nah wie die apokalyptische Abstürze ins Alltägliche bei Dix. Allerdings forciert Witkins Spagat zwischen imaginärer Bildschöpfung einerseits und der Übertragung in die fotografische Realität andererseits das Maß unserer Wahrnehmung beträchtlich und steigert die bildnerischen Visionen ins Unfassbare und Unaussprechliche. Die Arbeiten Joel-Peter Witkins sind in vielen wichtigen internationalen Sammlungen vertreten. Unsere Ausstellung zeigt etwa 80 ältere und neuere Arbeiten erstmals in einem deutschen Museum.
Katalog:
Joel-Peter Witkin (USA). Compassionate Beauty. Fotografie. Die Publikation erschien zur bisher umfangreichsten Ausstellung des amerikanischen Fotografen in Deutschland. 2002, 128 Seiten (engl./deutsch), Handeinband/Broschur, 70 farbige Werkabbildungen. - vergriffen -
Plakat: 4,00 €