Zeichnungen, Bücher und ein Apparat
Oft sind es feine, konzentrierte Striche, gelegentlich Punkte in Umrissen und Flächen, mit denen Emil Siemeister seine Bilder und Bücher zeichnet und malt. Persönliche Zurücknahme und poetischer Reichtum finden hier zu einer Übereinkunft der stillen, besonderen Art. Die Zeichnungen des Künstlers entfalten sich dabei dem aufmerksamen Betrachter ganz so wie eine Musik – in einem perlenden Zusammenhang – im schwankenden Bereich zwischen Figur und Abstraktion. Emil Siemeister arbeitete in den letzten Jahren an verschiedenen Projekten zur Erkundung automatischer Schrift- und Zeichentechniken, die, dicht am Rande des Fassbaren, die Grenzbereiche unserer Wahrnehmung berührten. Den Dialog zwischen möglichem Ausdruck und notwendiger Verschweigung untersuchte der Künstler auch mit seinen Dunkelzeichnungen unter dem Titel „Huntington-Chorea“ (einer Nervenkrankheit, die sich in nicht steuerbaren Bewegungsabläufen äußert) oder auch mit den Adaptionen zum Bestand der Prinzhorn-Sammlung, einer umfangreichen Kollektion von Zeichnungen und Mappenwerken psychisch Kranker. Neben diesen thematischen Projekten gibt es jedoch auch expressivere Malgründe mit einer Gestaltwelt aus Graphit auf Pergament und verschiedene Aktionen, etwa die Körperuraufführung „Null-Punkt Hypnose mit Bienenschleuder“ (1985), die noch heute retrospektiv im Video nachvollziehbar sind. Neben den Zeichnungen wird in der Ausstellung eine Lesemaschine installiert. Hier kann, dicht am Prinzip von Schriftrollen, eine Zeichnung fortlaufend bewegt, gelesen und betrachtet werden.
Katalog zur Ausstellung:
Emil Siemeister (Königsdorf/A). Monomanische Gesänge. Zeichnungen, Bücher und ein Apparat. Von Erik Stephan. Städtische Museen Jena 2001. 32 Seiten + 1 Leporello in Klappbroschur, s/w und Farbe.
ISBN 3-930128-48-9
Preis: 7,50 €
Plakat: 4,00 €