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Kunstsammlung Jena
Städtische Museen Jena
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07743 Jena

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erik.stephan@jena.de

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Städtische Museen Jena
Erik Stephan

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Provenienzforschung

  ©Kunstsammlung Jena
  ©Kunstsammlung Jena

Die Kunstsammlung Jena hat erstmals im Jahr 2014 die Möglichkeit genutzt, die eigenen Bestände systematisch auf ihre Provenienz zu überprüfen. Sie war damit die erste Institution unter kommunaler Trägerschaft in Thüringen, die sich mit der Aufarbeitung der eigenen Sammlungsgeschichte im Kontext der Verbrechen der Nationalsozialisten auseinandersetzte.

Recherchen | Ergebnisse | Fazit

©Kunstsammlung Jena

Gegenstand der Untersuchungen waren alle Erwerbungen seit 1933, wobei nur die Werke berücksichtigt wurden, die bis 1945 geschaffen worden waren. Von den zu Beginn der Recherchen im Bestand der Sammlung befindlichen 4000 Werken – Werke aus dem Nachlass der Künstlerin Erika und der Sammlung Opitz-Hoffmann wurden nicht berücksichtigt - wurden in einem ersten Schritt ca. 2900 Arbeiten ausgeschlossen, da sie entweder nach 1945 angefertigt wurden oder vor 1933 in die Sammlung gelangten. So verblieben ungefähr 1100 Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Druckgrafik, Zeichnung und Aquarell zur weiteren Überprüfung. Skulpturen konnten hier weitestgehend vernachlässigt werden, da der überwiegende Teil der zeitgenössischen Kunst angehört oder direkt von den Künstlern bzw. deren Erben in die Sammlung gegeben wurden.

Dieses Konvolut der „verdächtigen“ Werke, deren Provenienzen überprüft werden musste, wies folgende Herkunftsarten auf:

 Unter den zahlreichen Wegen, auf denen die Werke in die Kunstsammlung gekommen sind, waren folgende am häufigsten:

· private Herkunft durch Schenkung, Nachlass oder Ankauf

· Sammlung des ehemaligen Kunstvereins

· staatliches Eigentum (Bodenreform, DDR/SBZ)

· Sammlung des ZIMET (Zentralinstitut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie)

· unbekannte Herkunft

· Tausch mit anderen Museen

 

Georg Schrimpf Badende (Haarewaschende Frau), 1925 Lithografie ©Foto: Ulrich Fischere Georg Schrimpf Badende (Haarewaschende Frau), 1925, Lithografie ©Ulrich Fischer

Nach 3-jähriger Recherche, welche u.a. die Sichtung der Inventarbücher, die Begutachtung der Werke, die Kontaktaufnahme von Kunsthändlern, Museen, Bibliotheken, Stadtarchiven und wiederholte Archivbesuche beinhaltete, ergab sich hinsichtlich der Einstufung von Provenienzen folgendes Bild: ca. 80% der Werke im Bestand der Kunstsammlung weisen eine rekonstruierbare und unbedenkliche Herkunft auf. Hier ist demzufolge ein Entzug mit ns-verfolgungsbedingtem Hintergrund auszuschließen.

Für 10 Werke hingegen konnte eine verdächtige bzw. belastete Provenienz nachgewiesen werden. Sämtliche Arbeiten sind zwischen 1933 und 1945 in den Besitz des Kunstvereins Jena gelangt.

Vier Arbeiten stammen aus einem Konvolut, das 1937 aus einer Tauschaktion zwischen dem Jenaer Kunstverein, der zu diesem Zeitpunkt schon an das Stadtmuseum Jena angegliedert war, und einer Berliner Galerie stammt. Ausgeführt durch Werner Meinhof, dem Leiter des Stadtmuseums und gleichzeitig Geschäftsführer des Kunstvereins, war der Tausch seit mindestens 1935 vorbereitet. Schließlich kamen 40 Arbeiten aus der Sammlung des Kunstvereins, darunter Grafik und ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner sowie je ein Aquarell von Oskar Kokoschka und Alexej von Jawlensky, nach Berlin. Der Kunstverein erhielt dafür 15 Werke, von denen 11 laut Lagerbuch der Galerie vom jeweiligen Künstler selbst eingeliefert worden sind. Vier weitere Werke wurden von dem jüdischen Unternehmer Eugen Buchthal um 1937 eingeliefert, kurz bevor dieser 1938 nach Großbritannien emigrierte. Da es sich hier um eine Flucht im Zuge der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten gehandelt hat, ist eine Veräußerung der Werke aufgrund einer Notlage wahrscheinlich.

Dabei handelt es sich um folgende Arbeiten:

Lovis Corinth: Bergsee, o.D. (1923)
Kreidelithografie

Otto Dix: Junger Boxer, 1923
Kohlezeichnung

Carl Hofer: Gehöft, um 1925
Lithografie

Georg Schrimpf: Badende (Haarewaschende Frau), 1925
Lithografie

Diese Werke wurden der Lost Art-Datenbank gemeldet – einer Plattform, auf der Objekte mit Hinweis auf einen ns-verfolgungsbedingten Entzug veröffentlicht werden können, bzw. nach vermissten Werken gesucht werden kann.

Weitere 19% weisen zu diesem Zeitpunkt noch Provenienzlücken auf. Ein nicht unerheblicher Teil davon sind Werke, die aus staatlichem Eigentum in die Sammlung gelangten. Eine solche Untersuchung ist derart ausufernd, dass es im Projektzeitraum nicht möglich war, diese durchzuführen. Hier bedarf es eines eigenen Projektes.

Otto Dix, Junger Boxer, 1923, Kohlezeichnung ©Foto: Ulrich Fischer Otto Dix, Junger Boxer, 1923, Kohlezeichnung ©Ulrich Fischer

Insgesamt lässt sich feststellen, dass nach wie vor einige Wissenslücken hinsichtlich der Provenienzen in der Sammlung existieren. Das hat vielfältige Gründe, etwa stammen zahlreiche Objekte in der Sammlung von Privatpersonen, die über die Jahre Werke von zum Teil nur regional bedeutenden Künstlern in die Sammlung gegeben haben und keinerlei Aufzeichnungen darüber existieren oder zu finden sind.

Zum anderen herrscht in der Kunstsammlung Ressourcenmangel: dringend untersucht werden müssten Werke, die zwischen 1945 und 1989 erworben wurden, womöglich aus staatlichem Eigentum aus Haushalten von Republikflüchtigen. Dieser Bereich in der Provenienzforschung ist den letzten Jahren zunehmend in den Hintergrund geraten, obwohl gerade hier eine moralische Pflicht besteht, die Besitzverhältnisse zu klären solange möglicherweise noch Betroffene leben. Hier bestünde Möglichkeit, Unrecht direkt wiedergutzumachen. Doch müsste ein solches Bewusstsein zunächst einmal in der Politik ankommen. Solange dies nicht geschieht – Gelder bereitgestellt werden und Forschungsvorhaben unterstützt werden – wird auch dieses Kapitel weiterhin schlummern.

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