Plastiken und Zeichnungen - Bea Emsbach spielt mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften, aber auch mit naturphilosophischen Ansätzen und entwirft Visionen einer fremden Gegenwelt. Dabei verstärkt die rote Tinte den Eindruck existenzieller Betroffenheit und ihre „Beutezüge im Bodensatz der Wissenschaften“ fesseln den Betrachter wie ein Science-Fiction-Abenteuer. Man sieht und spürt nicht nur die Suche noch dem menschlichen Sein, sondern ahnt auch die Möglichkeiten gegenläufiger Entgleisungen. All das ist Teil eines komplexen hermetischen Systems, das auf der Grenze zwischen Realität und Fiktion die Vielfalt der Möglichkeiten aufgreift und verarbeitet.
Doch das, was da wächst und wuchert folgt keiner wissenschaftlichen Logik, sondern gleicht vielmehr den intimen Prinzipien einer Wunderkammer und ist gerade deshalb faszinierend, fesselnd und schockierend zugleich. Auf den Zeichnungen von Bea Emsbach geschieht Unerhörtes: Geheimnisvolle Personen flechten Netze und verfangen sich in diesen Verbindungen, Organe werden noch außen verlegt, Kosmonauten treten auf und irgendwie scheint jeder mit jedem und allem körperlich verbunden. Man sieht Menschen mit übergroßen Ohren, Körper voller Brüste, andere sind wie Käse durchlöchert. Oftmals reichen die zwischenmenschlichen Beziehungen bis hin zur leibhaftigen Gemeinsamkeit oder bis zur symbiotischen Nutzung externer Organe. Einige der Personen sind bandagiert, andere tragen geheimnisvolle Apparate, die offenbar lebensnotwendig sind. All diese Verflechtungen wirken bedrückend; man ist gebunden und zugleich gefangen in einem schaurig schönen Miteinander, das, fern jeder persönlichen Autonomie, in psychische Abgründe vorstößt und den Glauben an die Allmacht technischer Lösungen konterkariert. Selbst das Blut ist hier Gemeingut und wird durch Schläuche gepumpt und gemeinsam genutzt. Das Leben kreist ums Überleben und ist so ergebnisoffen wie ein Experiment, welches das Leben selbst zum Gegenstand der Betrachtung erklärt. Zwischenmenschliche Bedürfnisse, wie das Verlangen noch Nähe und Berührung, werden ebenso reflektiert wie jene Ängste, die sich um eine zunehmende Entfremdung dieser Grundbedürfnisse ranken. Dabei wirken die „Bekleidungen“ der Figuren ebenso gegensätzlich wie deren Erscheinungen: Einmal dominieren geknüpfte Netze, Blätter oder anderes natürliches Material, auf anderen Bildern tragen die Figuren Cyber-Anzüge oder sind selbst Teil einer wissenschaftlichen Versuchsanordnung.
Katalog zur Ausstellung:
Von Erik Stephan. Kunstsammlung im Stadtmuseum/JenaKultur 2007. 24 Seiten, 21 Grafiken, Handbindung.
ISBN 978-3-930128-88-4
Preis: 10,00 €
Plakat: 4,00 €