Positionen aus den Beständen
Die Kunstsammlung der Stadt Jena gliedert sich in die Gebiete Malerei, Graphik und Plastik und umfasst Kunst aus der Zeit des Mittelalters bis zum ausgehenden 20. Jahrhundert. Das Profil der Sammlung ist heterogen und zeigt sich von regionalen Besonderheiten ebenso geprägt, wie überregional bedeutsame Werke dem Bestand einen größeren kunsthistorischen Gehalt zuweisen. Den Schwerpunkt der Sammlung bildet die Kunst des 20. Jahrhunderts, von der klassischen Moderne bis hin zur Kunst der DDR, die den in Zahlen größten Teil der Sammlung ausmacht und noch zaghaft dokumentiert ein kleiner Bestand den Aufbruch in die veränderte Kunstlandschaft der 90er Jahre. Herausragend sind die Zeugnisse mittelalterlicher Kunst um die „Jenaer Pietá“ (1410), einer Kalksteinskulptur des Weichen Stils, und die Werkgruppen der klassischen Moderne, von Erich Heckels Bild „Gelbe Segel“ (1913) bis hin zu Ferdinand Hodlers „Der Schwur“ (1913). Hervorzuheben sind neben verschiedenen Stiftungen älterer Kunst Erwerbungen und Schenkungen aus dem Besitz Jenaer Familien. Den wichtigsten Bezugspunkt städtischer Kunstgeschichte bilden noch immer die Aktivitäten des Jenaer Kunstvereins, der unter wechselnder Leitung von Hans Fehr, Eberhard Grisebach, Botho Graef und Walter Dexel zwischen 1912 und 1928 der thüringischen Universitätsstadt ein Programm bot, welches qualitativ über die Region hinausreichte und in dieser Weise keine Wiederholung fand. Die Ausstellungen jener Jahre hatten deutlich und klar ein Programm: Gegenwart. Solches war provokant, gescholten und begrüßt gleichermaßen und führte von einer spannungsvollen Ausstellungspraxis, mit der Jena Geschichte schrieb, zu einer Sammlung, die von Kirchner bis Munch die Wegbereiter der Kunst des 20. Jahrhunderts vereinte und den Bürgern der Stadt zum Studium anbot. Allein die Botho-Graef-Stiftung Ernst Ludwig Kirchners, des bedeutendsten der deutschen Expressionisten, umfaßte 260 Holzschnitte, Radierungen und Lithographien eine Schenkung, die als Ertrag der erfolgreichen Ausstellungspraxis des Kunstvereins die Stadt bereicherte. Der gesamte Bestand wurde 1934 vom 1903 gegründeten Stadtmuseum übernommen und 1937 durch die Nationalsozialisten geplündert. Mit der Aktion "Entartete Kunst" erfuhr die Kunstsammlung einen Verlust von nahezu der Hälfte des Bestandes, der sicher auch fernerhin unersetzbar bleibt. Dennoch zählen die verbleibenden Werke dieses Konvoluts noch heute zu den wertvollsten Exponaten der Sammlung und sind als Zeugnis tätigen Bürgersinns keineswegs nur von dokumentarischem Wert. Die bisweilen schroffen Umbrüche unter wechselnden Strategien und ohne eigene Schauräume prägten die Sammlung ebenso nachteilig wie nachhaltig. Erst 1981 konnte die Sammlung im „Romantikerhaus“ eine eigenständige Bleibe finden, die jedoch inzwischen einer erneuten Suche gewichen ist. Nur eines war stets gleich: Ein Etat, dicht am Nullpunkt. Dennoch gelang es, den Bestand zu pflegen und in sinnvollen Ergänzungen auszubauen. Das betrifft vor allem den Bestand der DDR Kunst, der in sorgsam ausgewählten Facetten ein lebendiges Bild der südostdeutschen Kunstlandschaft nachzeichnet und das Engagement von Maria Schmid, der langjährigen Leiterin der Kuntsammlungen, bleibend beschreibt. Unsere Ausstellung „Depot I. Positionen aus den Beständen“ hat die Bilder der klassischen Moderne zum Mittelpunkt. Das betrifft sowohl Werke aus dem Altbestand der Sammlung, wie auch jene Erwerbungen und Schenkungen der 90er Jahre, die den Bestand punktuell und dennoch wesentlich bereichern und harmonisieren konnten. Einen zweiten Schwerpunkt bilden ausgewählte Positionen ostdeutscher Kunst, die hier jedoch weniger im Sinne einer phänomenologischen Besonderheit, sondern vielmehr im Kontext der Sammlung und deren temporärer Präsentation vorgestellt wird. Ausgestellt sind mehr als 100 Werke aus den Bereichen Malerei, Zeichnung, Graphik und Plastik.